Montag, 16. Juni 2014

Die Probleme werden nicht weniger

Queer Lecture: Konstanze Plett
Lex Intersex, und nun?
Besprechung von Bodo Niendel & Jan Feddersen

Im vergangenen Jahr wurde das Personenstandsrecht einstimmig mit den Stimmen aller Bundestagsfraktionen geändert, so dass erstmals nach dem preußischen Landrecht wieder intersexuelle Menschen im Recht berücksichtigt werden. Bei der Geburt eines intersexuellen Menschen ist kein Geschlechtseintrag mehr vorzunehmen.

Wie Prof. Dr. Konstanze Plett von der Uni Bremen, Bereich Rechtswissenschaften, am 10. Juni im taz-Cafè vor rund 30 Gästen berichtete, schafft die Rechtsänderung jedoch mehr Probleme, als dass sie Lösungen schafft.

Denn der Gesetzgeber hat ein drittes Geschlecht im Recht etabliert. Doch die Konsequenzen z.B. die Auswirkungen auf die verschiedenen Rechtsinstitute, Ehe und Lebenspartnerschaft, die Schulgesetze und Verordnungen (z.B. im Bereich der Koedukation) und die Sozialversicherung wurden nicht bedacht.

Bei der Sozialversicherungsnummer ist bspw. ein Geschlecht benannt, auch  die Probleme der Verwaltungen in Bund und Ländern beim Umprogrammieren der Datenbanken blieben unberücksichtigt. Zudem könnte die Pflicht, nun einen Geschlechtseintrag vorzunehmen, gar den Druck auf Eltern erhöhen, geschlechtsnormierende frühkindliche Operationen durchzuführen.

Konstanze Plett forderte den Gesetzgeber dazu auf, diese Probleme dringend zu beseitigen. Außerdem sollte es endlich ein Verbot geschlechtnormierender Operationen von Intersexuellen, vor deren Einwilligungsfähigkeit festgeschrieben werden. Schließlich empfahl sie darüber nachzudenken, inwiefern man im Recht das Geschlecht grundsätzlich streichen könne.

Wie bereits bei der öffentlichen Anhörung im Rechtsausschuss im Juni 2012, bei der Konstanze Plett als Sachverständige auftrat, hat sie bedeutsames und gehaltvolles zur Debatte beigetragen. Trotz brütender Hitze wurde zwei Stunden angeregt diskutiert. Sicher ist: Die Diskussion geht weiter - und wird hoffentlich die Sphären des akademischen Feldes überschreiten.